Fragen an eine Gynäkologin

Wie ist es denn für dich WIRKLICH unzählige fremde Genitalien zu sehen?
Für mich ist es so ein bisschen wie Blut abnehmen. Ich sehe das Genital nicht als sexuelles Organ, sondern einfach so, wie ein Hautarzt die Haut. Genauso schaue ich, wie die äußeren und die inneren Geschlechtslippen aussehen, ob es da irgendwelche Veränderungen gibt. Wie sieht der Ausfluss aus? Wie sieht die Schleimhaut der Scheide aus? Ich betrachte die Vulva und Vagina als Organ, absolut wertfrei und asexuell. Schaue mir den Hormonzustand der Frau an und auch ein bisschen, wie die Frau selbst ihr Genital annimmt. Bei mir ist ein am gynäkologischen Stuhl eine integrierte Lichtquelle mit Kamera und einem Bildschirm dran, dadurch sehen die Frauen genau dasselbe, was ich sehe. An der Reaktion der Frau erkenne ich, welchen Bezug sie zu ihrem Genital hat und kann, wenn nötig, sexuell edukativ agieren. Es ist etwas total Schönes und Intimes dabei zu sein, wenn die Frau ihr Genital entdeckt. Alles andere ist für mich Arbeiten. Ich sehe es recht nüchtern. Wobei ich sagen muss, ich bin überwältigt von der Vielfalt der Vulva. Viele glauben, dass sie bei allen gleich ist. Ist sie nicht. Sie ist wie ein Fingerabdruck - super individuell und total spannend. Die schönste Erfahrung, die ich hatte, seitdem ich die Ordi habe, war eine Frau, der ich ihr Genital über die Kamera zeigte und sie sagte ‚Ma, bin ich da schön.‘ Genau deswegen mag ich diesen Job so!“

(Viele weitere Fragen an die Gynäkologin Miriam M. Mottl in der 4. Ausgabe)

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